Die Freiheitliche Partei hat anlässlich der Angelobung ihrer Abgeordneten im Nationalrat von der umstrittenen Kornblume, die auch als Nazi-Symbol gilt, Abstand genommen. Stattdessen trugen die Mandatare ein künstliches, etwas überdimensioniertes und leicht kitschiges Edelweiß, was ihnen freilich nichts nützte: Findige Kritiker der FPÖ haben sogleich darauf hingewiesen, dass das Edelweiß auch das Symbol einer Elitetruppe der deutschen Wehrmacht gewesen ist.
Diese Kritik ist sehr einseitig. Abgesehen davon, dass die Pflanze, die übrigens eine Migrantin aus Asien ist, auch von vielen friedlichen Organisationen wie dem Alpenverein, der Bergrettung oder der Südtiroler Volkspartei als Symbol verwendet wird, steht sie für eine eigene, wichtige Geschichte der Alpenwelt:
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Alpentourismus aufkam, wurde das Edelweiß rasch zu einem begehrten Objekt und zu Tausenden auf den Märkten der deutschen Städte, vor allem in München, feilgeboten. Gepflückt wurde die Pflanze in Vorarlberg insbesondere auf der Kanisfluh, wo sie sehr bald nahezu ausgerottet war und mancher Pflücker sein Leben riskierte. Insoweit hat Heinz-Christian Strache nicht ganz Unrecht, wenn er sagt, dass das Edelweiß für „Mut, Tapferkeit und Liebe“ steht. Der Vorarlberger Landtag erließ 1904 ein eigenes Gesetz zum Schutz des Edelweißes, um das Symbol der Alpenwelt vor dem Untergang zu bewahren. Mit der Zeit wurde der Schutz auch auf andere gefährdete Alpenpflanzen ausgedehnt, dann auf gefährdete Tiere und schließlich, in den 1970er-Jahren, auf die alpine Landschaft. Heute sind Pflanzen und Tiere im Großen und Ganzen gerettet, selbst wenn es gerade vom Edelweiß nur noch geringe Bestände gibt.
Damit steht das Edelweiß für eine der wichtigsten gesetzgeberischen Aufgaben des Landtags überhaupt, nämlich das natürliche Erbe zu bewahren und möglichst unversehrt weiterzugeben. Dass der Naturschutz in Vorarlberg ausgerechnet an der Kanisfluh seinen Ausgang genommen hat, ist ein weiteres treffendes Symbol. Immerhin ist der Berg der Begehrlichkeit eines Kiesabbaus an seinem Fuß ausgesetzt, der eine jahrzehntelang schwärende Wunde schlagen würde. Die Landschaft ist in unserem Land noch immer sehr bedroht.