Kaum ein Thema hat in letzter Zeit so sehr die Gemüter erhitzt wie der geplante Kiesabbau am Fuß der Kanisfluh. Zeit also, um die Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Beim VN-Stammtisch vor dem Gemeindesaal in Schnepfau diskutierten Christoph Rüf von der Betreiberfirma, Robert Meusburger als Bürgermeister der Standortgemeinde Schnepfau, Architekt Hermann Kaufmann von der Bürgerinitiative „Üsa Kanis“ und Umweltlandesrat Erich Schwärzler vor knapp 500 Teilnehmern vor Ort und 10.000 Menschen, die online über den VOL.at-Livestream dabei waren. Dabei wurden vor allem zwei Fragen aufgeworfen: Gibt es tatsächlich den Bedarf an Kies, und bräuchte es nicht eine Gesamtlösung, anstatt immer nur über Einzelfälle zu diskutieren?
Für Christoph Rüf ist der Bedarf klar gegeben, nachdem die Kiesgrube Hopfreben stillgelegt wurde. Seit Jahren suche man nach einem geeigneten Standort. „Unser Ziel ist es, einen heimischen Rohstoff zu haben und so Lkw-Fahrten zu vermeiden“, spricht der Unternehmer über seine Nahversorger-Rolle. „Wir wollen der Kanisfluh nichts Schlechtes“, sagt Rüf zur Standortwahl. Aber bereits jetzt müsse man Kies importieren, um den Bedarf zu decken. Genauso habe man in der Vergangenheit viele verschiedene Varianten und Standorte geprüft. Aber immer hätte etwas dagegen gesprochen – vom Verkehrskonzept bis hin zu den Grundeigentümern.
Hermann Kaufmann von der Bürgerinitiative „Üsa Kanis“ hat indes nichts gegen die Wirtschaft, gegen den Kiesabbau oder gegen die Firma Rüf, wie er betont. „Es tut mir leid, dass die Firma Rüf hier den Prellbock spielen muss.“ Der diskutierte Standort sei eben nur an einer denkbar ungünstigen Stelle, sieht er die Kanisfluh als Naturdenkmal und Wahrzeichen. Deshalb sei er von der Sache emotional zutiefst betroffen. Auch weil er befürchte, dass nach 20 Jahren noch lange nicht Schluss mit dem Abbau ist. Dass die Region den Rohstoff braucht, stellt er nicht in Abrede, warnt allerdings davor, mit einem Standort am Fuß der Kanisfluh einen Tabubruch zu begehen. „Das Thema sollte von höherer Stelle in den Fokus genommen werden“, so sein Appell an die Landesregierung, mehr Aktivität in Sachen Raumplanung zu zeigen. Von Landesrat Erich Schwärzler kommt dazu ein Ja. Dieser Frage werde sich die Landesregierung annehmen und sich stärker einbringen. Die Kanisfluh sieht er als hochsensiblen Lebensraum, appelliert aber auch dafür, Antworten für die Unternehmen zu finden. Er sei stolz auf die Kies- und Gesteinsbetriebe der Region, die schließlich beim Hochwasser wertvolle Hilfe geleistet hätten. Kies im Bregenzerwald gewinnen zu können, wenn der Bedarf gegeben ist und nicht aus Deutschland „herzukarren“, sei wichtig, aber eben dort wo es am vernünftigsten sei. So müsse man sich auch anschauen, ob man Kies nicht auch aus Bächen und Flüssen gewinnen könne.
Dem könnte auch Christoph Rüf etwas abgewinnen. „Wir sind über jeden Vorschlag froh und prüfen alles“, verspricht der Unternehmer. Zudem werde der tatsächliche Bedarf nun von den Behörden erhoben. Auch Hermann Kaufmann appelliert dafür, alternative Standorte zu suchen. Ob das landesweit sein muss, dazu gibt es Für und Wider. „50 Kilometer zu fahren ist sicherlich nicht die beste Antwort“, ist Landesrat Erich Schwärzler überzeugt.
Über eine Alternative wäre auch Bürgermeister Robert Meusburger froh, für den einiges gegen den Standort an der Kanisfluh spricht. Zuallererst befürchtet er eine Verschlechterung der Wohnqualität für die Bewohner in Hirschau. „Wir haben seit Jahren einen Bevölkerungsrückgang. Da wäre das Projekt kontraproduktiv“, sagt Meusburger, dessen Gemeinde 465 Einwohner zählt. Zudem äußert er Bedenken am tatsächlichen Bedarf und sieht das Projekt auch nicht förderlich für den Tourismus. Zur Diskussion steht nun auch, die Kanisfluh unter Naturschutz zu stellen. „Das hätte man schon lange tun müssen“, so der Bürgermeister.