Kanisfluh soll unter Schutz

Naturschutz und Kapitalismus müssen sich nicht widersprechen. Doch wenn diese zwei Interessen aufeinanderprallen, sind Konflikte fast unvermeidbar. Vorarlberg hat das heuer mehrfach erlebt. In Weiler wollte sich beispielsweise die Großbäckerei Ölz ansiedeln, ein Stück Landesgrünzone hätte dafür herhalten müssen. Anfang des Jahres versammelten sich zwischen 300 und 500 Demonstranten, um mittels Menschenkette gegen die Umwidmung zu protestieren. Der Protest wirkte. Ölz ist vom Vorhaben abgerückt, die Firma baut in Dornbirn. Wie beurteilt Vorarlbergs Bevölkerung den Konflikt zwischen Unternehmertum und Naturschutz? Das Marktforschungsinstitut Dr. Berndt hat im Auftrag der VN eine repräsentative Umfrage durchgeführt. 502 Vorarlbergern wurde folgende Frage gestellt: „Wie zufrieden sind Sie mit der Berücksichtigung des Natur- und Landschaftsschutzes in Vorarlberg?“ Die Hälfte ist zumindest zufrieden, gegenüber 38 Unzufriedenen. Gleichzeitig attestieren die Befragten dem Land aber ein wirtschaftsfreundliches Klima. VN-Umfrage: Mehrheit ortet wirtschaftsfreundliches Klima. „Es gibt auch Menschen, für die Wirtschaftsfreundlichkeit negativ behaftet ist.“

Vor allem Vorarlberger ab 60 sind mit der Rücksicht auf Natur und Landschaft zufrieden, nämlich 61 Prozent. Anders bei den Jugendlichen: 38 Prozent der unter 30-Jährigen äußerten sich zufrieden. Ein differenziertes Bild gibt es auch bei der Parteipräferenz. Während 64 Prozent der deklarierten ÖVP-Wähler den Naturschutz positiv sehen, sind es unter Grün-, Neos- und Pilzwählern 28 Prozent. Die VN wollten zudem wissen, wie die Wirtschaftsfreundlichkeit im Land eingeschätzt wird. 48 Prozent der Befragten orten in Vorarlberg ein wirtschaftsfreundliches Klima, 18 Prozent hingegen ein wirtschaftsfeindliches. Für 31 Prozent ist die Stimmung ausgeglichen. Marktforscher Edwin Berndt gibt allerdings zu bedenken: „Es gibt naturgemäß auch Menschen, für die Wirtschaftsfreundlichkeit negativ behaftet ist, im Sinne von zu wirtschaftsfreundlich. Auf diese Betrachtungsweise wurde hier nicht eingegangen.“

Klare Mehrheit

Während die Ölz-Frage geklärt ist, fehlt an der Kanisfluh eine Entscheidung. Wie berichtet, würde das Unternehmen Rüf am Berg gerne Kies abbauen. Das Vorhaben emotionalisiert, zahlreiche Vorarlberger schlossen sich einer Initiative zum Schutz der Kanisfluh an. Der VN-Stammtisch zum Thema in Schnepfau musste ins Freie verlegt werden, damit alle Besucher dabei sein konnten. Die Frage, ob Kies abgebaut werden soll oder nicht, entwickelte sich rasch zu einer über den Naturschutz. Die VN wollten auch zu diesem Thema die Meinung der Vorarlberger hören: „Soll die Kanisfluh unter Naturschutz gestellt werden?“ 56 Prozent der Befragten sagen Ja, 22 Prozent sind dagegen. Dem Rest ist es egal. Für den Bregenzerwald ist keine spezielle Auswertung möglich, wie Edwin Berndt betont: „Da können wir kein Stimmungsbild wiedergeben, weil die Zahl der Befragten im Bregenzerwald zu gering ist.“

Fest steht jedenfalls: Vorarlberger treten mehrheitlich dafür ein, die Kanisfluh unter Schutz zu stellen. Dass die Mehrheit zudem sowohl mit der Berücksichtigung von Natur- und Landschaftsschutz zufrieden ist, dem Land aber gleichzeitig wirtschaftsfreundliches Klima attestiert, zeigt, dass sich Naturschutz und Unternehmertum nicht automatisch ausschließen.

Quelle

VN Bericht Teil1
VN Bericht Teil2